M’s.
M, zuerst wie „Mist“. Nichts von wegen Morgenstund-hat-Gold-im-Mund. Mein Laptop ist in Streik getreten. Müssige Stunden hält er mich in Schacht. Bis er wieder will, verabschiedet sich natürlich die Elektrizität. Man kann nicht alles haben.
Unter M wie „Männer“ fehlt der Nachtrag zum Malariatest, als ich für massig Geld (umge-rechnet CHF 1.15 Privattarif!) in der Laborreihe sass: Der eine Inder springt beim Picksen in den linken Ringfinger fast an die Decke. Rundum hörbares Schmunzeln, auch der Tanzanier vor mir. Als dieser selber dann ampullenmässig Blut geben muss, da fällt der doch tatsächlich Jesusjesus-rufend ohnmächtig in meine Arme!
Apropos Malaria: wegem Hörensagen habe ich mich bei Erhalt der Medikamente auf eine mindestens Dreitages-Leidenszeit mit Schwitzen und Schlafen und Wälzen eingestellt. Nichts, minimer Schwindel am ersten Tag und darauf Ausschlafen mit zwei kleinen Siestas (dafür sind Sonntage auch da, oder?). Aufgefallen sind mir nur die typischen kurligen und abstrusen Träume. Abgesehen davon habe ich solche sehr illuster in der Schweiz. Man könnte sie spgar etwas halluzigen oder psycho nennen…. So muss ich mich doch ernsthaft fragen, ob ich nicht eher das ganze Jahr über in der Schweiz unter Malaria leide?!
M wie Mzungu (Weisse/r). Wo ich durchgehe, wird es mir nachgerufen, egal ob Kinder, Marktfrauen, Männer, Alte, Junge. Die Alternativen lauten Rafiki (arabisch Freund), Dada (Schwester) oder „Shikamo“; das ist die respektvolle Grussformel für Menschen, welche älter als du selber sind – ist mir dann aber etwas unlieb, wenn mich ehrwürdig ältere Herren so nennen.
M wie Markt. Durch Umwege bekomme ich die Telefonnummer von Mister Shuma. Er ist der Hauptverantwortliche für die offiziellen Märkte in Mwanza-City. Beim ersten Zusagen kommt er nicht, beim zweiten lässt er mich eine dreiviertel Stunde warten, beim dritten und vierten Versuch bleibt er wieder unsichtbar. Aber wenn der kleine geschäftige Mann dann auf mich zukommt, kann ich seinem Strahlen nicht böse entgegenkommen. Laufend klingeln seine drei Mobile, laufend verspricht er „Ich bin unterwegs zu dir“, aha, so geht das. Er gibt mir über den Hauptmarkt folgende Fakten: Zwischen 1972 und 1985 wurden die Gebäudchen, Hallen und Unterstände gebaut. Es sind 499 Gemüse/Früchtestände, 160 für Kleider, Schuhe und Haushaltwaren und 200 Traditionelle-Waren-Verkäufer, worunter auch die Fisch-/Fleischverkäufer und Restaurantbetreiber fallen. Das Opening macht um halb acht die Putzequipe. Auch der stinkende Abfall vom Vortag aus den verfaulten Nahrungsmitteln wird erst dann abtransportiert (ich nehme an, nächtens wird er von Bettlern und Strassenkinder vorsortiert). Die tausend Angestellten bedienen 1000 Käufer pro Tag (nicht je), fünfundneunzig Prozent der Händler sind aus der City und Agglomeration, nur eine handvoll Auswärtige. Ein Stand kostet zwischen 7’000 und 10’000 Tanzanische Shillingi pro Monat, zahlbar bis zum Zehnten des Monates in bar. Nein, es kommt seltenst vor, dass sie jemandem kündigen müssen. Innerhalb der Marktmauern sind sie wie eine grosse Familie, jeder kennt jeden. Und jeder weiss von jedem, warum derjenige gerade um Aufschub für die Monatsmiete bittet (beispielsweise Todesfall) und man hilft wenn möglich aus. Taschendiebe? Ja und nein, wenn du erwischt wirst, dann fliegst du hochkant hinaus. Decken tut hier niemand niemanden, denn es gibt genügend wartende Anwärter. Und wenn die Kunden wegbleiben würden, dann füllt sich nicht nur die Tasche des Diebes nicht mehr. Besonders bei den angehenden Teenies, welche mit der Bereitstellung von Tragtaschen ihr Geld verdienen, werde strengstens Hand gehalten. So zumindest lautet es in der Theorie und eine andere Praxis werde ich innerhalb dieses Marktes auch nicht erleben. Mr. Shuma ist nicht abgeneigt, eine Marktour zu kreiieren. Für Fotos muss ich aber mit einer offiziellen Bewilligung kommen, so sei es für ihn und für mich leichter und konfrontationsfrei. Er meint zwar allerdings, dass hier das grosse Areal in eineinhalb Jahren umgezogen sein wird. Wohin? Wir werden sehen. Da haben wir doch noch ein paar Jährchen Zeit. M wie Märkte, ich liebe sie…
Was ist noch „schlimmer“ als Mzungu alleine unterwegs? Mzungu mit Masai unterwegs!! Nein, nicht wegen des Films „Die weisse Masai“. Nein, Masai gelten als äusserst vertrau-enswürdig und sind die Guardians überall. Und wenn du einen Persönlichen hast, dann musst du ein VIP sein. Eva hat einen solchen Masai zu ihrem Schutz (das Delikt möchte ich hier nicht näher wiedergeben). Silale ist köstlich, wie er während unseren Meetings geduldig vor dem Gebäude sitzt, Evas und meine Markttaschen auf dem Schoss hütet. Und einmal will er mir den kleinen Masai-Markt zeigen (ich stelle mich unwissend). Er schultert meine Handtasche links, packt mein Handgelenk unter den Arm rechts und marschiert einfach los! Unzählige Zurufe, mein Nachtrippeln immer schneller, mein Grinsen immer breiter, der schmale Silale nicht zu bremsen. Der perfekte Bodyguard für mitten durchs Getümmel. Am Marktstand werde ich von ihm und Victoria von Kopf bis Fuss mit traditionellem Schmuck eingekleidet. Wir gestikulieren etwas hin- und her und ich werde zurücküberführt. Ein anderes Mal erkennt mich Silale von Weitem und hüpft wie ein kleines Kind auf mich zu. Er erdrückt mich fast und liebkost mich mit Worten, die ich nicht verstehe, – ein gestandener, wenn auch dürrer Mann mitte Fünfzig!
Masai zum Zweiten ist diesmal freiwillig. Ich möchte vom zukünftigen Museum Fotos machen und laufe auf den Hügel mitten im Stadtzentrum. Das deutsche Kolonialgebäude wurde vor der Jahrhundertwende ins letzte Jahrhundert gebaut. Unter dem Namen des deutschen Nobelpreisträgers Robert Koch sollte in diesem Haus ein medizinisches Forschungscenter eingerichtet werden (der Name wird hier „korrekt“ Kotsch ausgesprochen, als Mediziner und Mikrobiologe entdeckte er unter anderem den Tuberkulose-Erreger). Zur Zweckeröffnung kam es in Mwanza nie. Der Krieg wusste dies zu verhindern. Die Deutschen mussten 1916 ausziehen und die Engländer haben die Forschungspläne nicht weiterverfolgt beziehungsweise auf einem der Isamilohügel eine andere Einrichtung gebaut. Nach der Unabhängigkeit diente das Robert-Koch-Haus eine Zeitlang als Residence für den Bürgermeister. Aufgeben musste dieser den Sitz, weil er nachts den Hügel hinauf den Heimweg durch die Felsen nicht mehr fand – kann ja mal passieren – aber wenn man schlussendlich jede Nacht betrunken ist! Vor mir laufen heute zwei der sieben Masai hinauf, welche das leerstehende Gebäude seit drei Jahren bewachen und bewohnen. Derjenige, der ein wenig englisch spricht, ist nur auf Besuch da – Mann, wieder eine absolut sonore sexy Stimme, vielleicht sollte ich ihn fragen, ob er auch singen kann. Gerade steht das Haus im anfänglichen Sonnenuntergangslicht vor der höheren Felsenformation. Ich frage, ob man eventuell auch auf diese hoch kommt. Als Antwort fangen die Masais an, das Unterholz zu zerschlagen und die Spinnweben wegzuwedeln. Ich mit meinen hohen weissen Keilheels hüpfe und klettere nach; später barfüssig und mit hochhiefender Hilfe. Auf den „Wegen“ erfahre ich von den Pflanzen die gesundheitliche Wirkung der Blätter, der Wurzeln, gekocht, gerieben, gesalbt – für mich sehen die alle nach ganz normalem Grünzeug aus. Mzungu, noch weiter nach oben? Wenns geht. Noch ein weiterer Felsen. Noch weiter nach oben? Wenns immer noch geht. Wir entdecken wunderbare Aussichtspunkte. Noch etwas weiter? Bis dann die tapferen Männer mit ihren langen Beinen selber Klettermühe haben, da denke ich, wir sollten mal vernünftig sein. Das war wunderschön… und ich wohl die erste vorwitzige Mzungu.
Dann öffnen mir meine neuen Freunde wie selbstverständlich das Haus. Schlossänliche Mauern mit Wendeltreppen, farbigen Fenster, Klinkerböden, hohe Räume und eben diese Wahnsinnsaussicht auf Mwanza, hier würde ich auch gerne hausen wollen. Ich fühl mich sehr wohl hier drin, die Athmosphäre empfinde ich eigentümlich ruhend. Ich entdecke noch diesen und jenen Winkel, diese und die andere Spezialität. Es liesse sich echt was draus machen. Insidig stehen noch ein altes Buffet und ein alter Schminkkorpus mit ovalem Spiegel, in den Schubladen liegen noch alte Flakons. Und ich erblicke begeistert eine füssige Badewanne, zwar etwas schmutzig und mit abgestandenem Wasser, aber eine füssige Badewanne. Deshalb eine weitere Frage, nach all denen über das warum-für-was-wie-alt-Gebäude-und-was-soll-daraus-werden-wie-lange-dürfen-wir-noch-hüten-etc: Wie erklärt man den Masai, wozu eine Badewanne dient? Geschafft, aber heikler noch, warum ist sowas von Notwendigkeit! Ich geb mir alle Mühe und finde allein die bildliche Situation schon urkomisch: ich kleine weisse Maus, stehe vor muskulösen Kriegern und sie schauen mich mit unschuldskindergrossen neugierigen Augen an. Und dann hagelt es noch weiter aus den sieben Münder, wozu ein Fenster dort unten, was ist das für ein Raum, was ist ein Keller, warum Glas innenseitig im Haus, warumwarumwarum…. Sie zeigen mir jeden kleinsten Winkel im Haus. Sogar auf den Dachboden klettere ich – allerdings oben nur ein weiterer Schritt und es gäbe eine Bruchlandung durch den morschen Holzboden (gut hab ich das gesehen, so weiss ich, was das Teuerste bei einer Renovation sein wird). Ich habe meine Freude mit den Masais und sie freuen sich auf meine versprochene Rückkehr nach der anstehenden Woche in Arusha.
M wie Masai – hatten wir schon – aber nicht zum Dritten. Überraschend ruft mich ein un-bekannter Masai namens Paolo an und fragt mich in gutem englisch, ob er mich offiziell be-schützen dürfe. „Du bist eine weisse Frau, ich biete dir meine Dienste an.“ Später erfahre ich, dass Paolo Silales Sohn ist. Wer weiss, vielleicht komme ich mal auf das Angebot zurück. Wenns so weiter geht, als wirklicher VIP.
M wie Mama Mzungu. Beim ersten Meeting in unserem künftigen TIO bringt Father George sie als Gast mit. Die deutschstämmige Herta Kilala lädt mich zu ihrem Anwesen auf Kamanga ein. An einem stromlosen Sonntag machen wir ab. Hendry habe ich, Herta ihre zwei Enkelkinder mit dabei. Der Rahmen Hertas Lebensgeschichte ist schon spannend; ich wünsche mir etwas Zeit, mehr von Mama Mzungu zu erfahren. In jungen Aupairjahren hatte sie in England einen Sukumakrieger kennen- und liebengelernt und sich für Tanzania entschieden. Das war vor etwa vierundvierzig Jahren – so jung, so ganz allein, so „unwissend“ und wahrhaftig eine der ersten niedergelassenen weissen Frauen in Mwanza, wenn nicht gar in der ganzen Region – bewundernswert! Von den drei Söhnen sind unglücklicherweise zwei verstorben, auch ihr Ehemann ging ihr vor Jahren schon mal voraus. Die Schwiegertochter arbeitet in Dar-es-Salam. „Ja, ich hätte mir in meinem Alter eine andere Aufgabe als Wieder-Mutter gewünscht“. Heute beeherbergt sie als Zwischenstation deutsche Studenten, und führt einen Vorkindergarten. Sie stellt Butter, Quark und anderes immer noch eigenhändig her. Cool und irgendwie durch und durch afrikanisch ist die Herta. Dieses kleine Beispiel habe ich in einem Blog gelesen: Da habe sich scheinbar an einem ersten Abend eine Studentin fast zu Tode erschrocken, als sie eine riesengrosse Echse (oder war es eine fette Spinne?) dem Kü-chenfenster entlang bewegen sah. Hysterisch kreischte es: „Da krabbelt was hoch!“, worauf die Herta trocken bemerkte „Ja, das machen die so“.
Herta meistert das Leben hervorragend und ist bis heute abenteuerlustig geblieben. Sie erzählt mir, wie sie letztes Jahr mit den Enkelkindern nach Uganda auf Gorillasuche ging; sie hatte nichts gebucht, einfach vor Ort geschaut. „Es ging ja alles glatt“, lacht die wohl gegen Sieb-zigjährige in ihrer deutschen Strenge. Malariaprophylaxe? „Nein“, antowrtet sie mir, „da hab ich meiner Lebtag kein Moskitonetz benutzt und Malaria selber hatte ich alle die Jahre etwa fünf Mal.“ Dieses Glück, da würde ich mir doch gerne etwas davon abzwacken.
Nach der halbstündigen Fährenfahrt spazieren wir zu Hertas Anwesen auf Kamanga. Es ist das Haus einer ihrer Söhne. Kaum war es annodazumal fertig gebaut, brannte es nieder. Kaum war es danach wieder aufgebaut, ist der Sohn verstorben. Die beiden Enkel haben nur ganz vage Erinnerungen an diese Zeit. Auf dem Grundstück würden sich wunderbar Touristenlunch organisieren lassen. Ja warum nicht, meint Herta. Mein Lieblingsplatz wäre nebem dem offenen Grashut unter dem zweieinhalbmeter hohen weit ausladenden Weihnachtstern. Die Nachbarin von Herta ist eine Mzungu-Familie. Das Privatgrundstück liegt versteckt hinter hohen Mauern. Father George empfahl mir, dort vorbeizuschauen. Die Familie steht gerade in einem endlosen Erbschaftsstreit (sicher nicht, dass ich wegen des Gefechts dorthin soll). Der verstorbene Westschweizer habe seine Hinterlassenschaften nicht geregelt. Die belgische Witwe bekriege nun ihre Schweizer Vorgängerin. Herta bejaht, der Orchideengarten sei wirklich einmalig lohnenswert. „Doch denke dir eine Geschichte aus; Schweizerin solltest du auf keinem Fall sein, wenn du an diese Türe klopfst“.
M wie Marys-Pult. Hat man da noch Ideen! Mary möchte in ihrem Kiseke-Büro eine weiche Schreibunterlage. Sie gibt den Auftrag, die in ihren schönen Holztisch zu integrieren. Gut ist sie Einheimische, sonst würde ich glauben, dass nur mir das durch Sprachunkenntnis passieren könnte. Ja, für die Unterlage wird korrekt ein Stück Holz rausgefräst. Ja die stoffene Unterlage wird plastern überzogen. Ja, die Grösse und Lage ist perfekt. Ja, Schreibflächenhöhe, weich, perfekte Kleinkissenform an perfektem Platz, so sollte es doch sein. Doch ein richtiges „Kissen“ wird (voller Stolz) präsentiert, fünf Zentimeter hoch – keine Unterlage mehr! Mary schüttelt den Kopf über diese Misslage. Dann lacht sie über meine Interpretation „Das ist doch ganz praktisch: Zwei in Einem. Wenn Arbeit vorhanden ist, dann wird geschrieben. Wenn keine da ist, wird am Platz geschlafen.“. Tagsdarauf verkauft sie die Idee sogar der VETA.
VETA, dabei komme ich zu M wie „Meine Arbeitgeber“. Kann ich die überhaupt so benennen, wenn ich keinen Lohn kriege? Auch bei welchem Projekt ich für wen arbeite, ist mir manchmal schleierhaft – aber egal, Hauptsache, es macht Spass! Also, Mary ist meine Chefin – das steht ausser Frage – eine andere will ich auch nicht – und sie nicht so genannt werden. Wie schon gesagt, sie gründete Kiroyeratours vor zehn Jahren in Bukoba. Der Reiseveranstalter und Consulter hat viele Projekte verwirklicht und nun ist Mwanza an der Reihe; Cultural Tourismus und soziale Werke stehen im Vordergrund, so dass möglichst viele Menschen der armen Bevölkerung ein Einkommen haben (www.kiroyeratours.com, http://www.budap.org, http://www.kagera.org).
Dann ist da die holländische NGO SNV Non-Governement-Organisation, welche durch Auf-klärung, Schulung und Basicinstallation den ärmsten Ländern auf der Welt einen erträglichen Lebensstandard ermöglicht http://www.snvworld.org. Mary ist teilangestellt durch SNV. Dann folgt VETA (Vocation, Education and Training Authority), welche in 22 Standorten in Tanzania Praktika anbieten, um die unzähligen Studenten (und immer mehr Erwachsenen) nicht theorielastig auf die Bevölkerung loszulassen (was ich hier jeden Tag das Gegenteil bewiesen bekomme) http://www.veta.go.tz . Ein aktiver Partner ist die St. Augustine University, die Grösste in Tanzania, welche durch Marys Bemühungen den Touristensektor in ihr Programm aufge-nommen hat http://www.saut.ac.tz. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Koryphaee Peter R. Schmid, dem amerikanischen Archäologieprofessor, mit welchem die alte Geschichte dieses Volkes aufgeforscht wird, ehemalige Königsstädte nachgebaut und noch lebenden Königen ein bisschen Komfort verschafft wird.
Nebenbei (nehmen wir M wie Macht): Ein König – auf Lebzeiten – hat(te) die Funktion ein guter Berater für seine „Untertanen“ zu sein. Er bestritt sein Leben durch deren Dankesgaben. Seit der Regierung Nyereres in den 60igern wurde aber diese Amtsausübung untersagt. Die Könige und Chiefs haben kein Einkommen mehr. Sie verkaufen mit der Zeit notgedrungen ihre Grundstücke und stehen heute selber auf den Feldern. „Mein“ König Nyarubamba aus Kanazi ist bald 90jährig, ein stiller würdevoller Mann. Als Gegenleistung für die Öffnung seines Privatsitzes, hätte er gerne für sich und seine Nachfahren eine erste Stromleitung für ein Radio und etwas elektrisches Licht. Wir können uns das nicht vorstellen, wie man ohne Strom leben kann und dies zusätzlich in so hohem Alter.
Dann sind da noch die Projekte mit den Nationalparks Sananee und Serengeti, dem Airport, dem City Council usw. Für wen alles ich noch meine Ideen hergeben und umsetzen werde, da bin ich selber gespannt.
Nochmals M wie Männer. Wie einfach ist es hier, „ernste“ Kontakte zu knüpfen – was mache ich in der Schweiz falsch? Momentan habe ich fünf ganz unterschliedliche Anwärter. Ein smarter Businesstyp, ein stolzer Sukumatänzer, ein gentle Charmbolzen von einem Studenten, ein athletischer Safariguide und ein Bürogummi. Ich muss mir ja teilweise schon etwas sehr Mühe geben, den Herren nicht zu verfallen… Ich finde es interessant, wie sie sich outen und als Beispiel einfach nebenbei vor allen gerade Anwesenden fragen „Wenn oder nachdem du dich für mich entschieden hast, werden wir sicher einen guten Job für dich finden, wenn du möchtest“ oder „Wenn du mich heiratest, werden wir dann Kinder haben?“ oder „Als meine Frau, ist es kein Problem für dich in Mwanza zu leben?“ Bisher hat keiner gefragt, ob „wir“ dann in die Schweiz ziehen würden. Toll, mir gefällts ja hier.
Allerdings – M wie Money – glaube ich kaum, dass ich mit einem guten Montassalär von 200‘000 bis 500‘000 Shilingi auf die Dauer auskommen würde. Damit vor Ort zu Haushalten wäre das kleinere Problem, aber meine spontanen Ausflüge und Ausbrüche in andere Län-derstädten, grosse Einladungen und sonstige Eskapaden würden gestrichen sein.
Dann kehren wir ein M noch um und machen ein W draus. W wie Wetter. Die grosse Regen-zeit scheint vorbei zu sein – ist auch gut so, wir haben bald keine erkennbaren Strassen mehr hier in Kiseke.
Und dazu W wie Wunderschön: es ist Schmetterlingszeit!
Oh, und by the Way: gestern geniesse ich mit Eric, Joshua und Alfred einen wunderbaren Sonnenuntergang an einem neuen Plätzchen nahe Bwiru. Beim nächtlichen alleinigen Nachhausweg überfahre ich einen schlafenden Polizisten. Hat schon etwas sehr gerumpelt. Pole, entschuldigung, habe ihn halt etwas spät gesehen. Sleeping Polisi, so werden die Strassenrampen genannt.